Gleichstellung hat in Deutschland Verfassungsrang: Art. 3 Abs. 2 GG: „Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin“. Wie steht es um die Gleichberechtigung in Einrichtungen Sozialer Arbeit und wer sorgt hier für die Beseitigung möglicherweise bestehender Nachteile? In der Lehrveranstaltung werden rechtliche, strukturelle, kulturelle und methodische Fragen/Aspekte von Gleichstellung in sozialen Einrichtungen recherchiert und kritisch reflektiert. 

Literaturhinweise:

Aschenbrenner-Wellmann, Beate/Geldner, Lea (2021): Diversität in der Sozialen Arbeit. Theorien, Konzepte, Praxismodelle. Stuttgart: Kohlhammer. 

Kamphans, Marion (2014): Zwischen Überzeugung und Legitimation. Gender Mainstreaming in Hochschule und Wissenschaft. Wiesbaden: Springer VS.


Geschlechterverhältnisse und ihre Dynamiken gelten traditionellerweise als wichtiges Thema der Sozialen Arbeit. Zum einen haben die Geschlechterverhältnisse einen großen Einfluss auf die Entstehung sozialer Probleme, zum anderen gehört eine kritische Auseinandersetzung mit Sozialer Arbeit als „Profession im Kontext geschlechterhierarchischer Positionierungen“ (Heite 2009) zum Repertoire des Fachdiskurses.  In der Lehrveranstaltung werden Geschlechterverhältnisse im Kontext von Care und Sozialer Arbeit diskutiert und dabei historische und aktuelle Ausprägungen in den Blick genommen, und überlegt, welche zukünftigen Herausforderungen sich für die Soziale Arbeit hieraus ergeben.

Nach einer Verhältnisbestimmung von Care, Geschlecht und Sozialer Arbeit werden wir uns mit der Bedeutung und Ausgestaltung von Care in verschiedenen Handlungsfeldern der Sozialen Arbeit auseinandersetzen. Zu den Handlungs- und Arbeitsfeldern, die in diesem Kontext von besonderem Interesse sind, gehören die Kinder- und Jugendarbeit und die Familienhilfe, aber auch die Behindertenhilfe und Altenhilfe.  


In der Projektwerkstatt wird es darum gehen, sich mit dem Phänomen geschlechtsspezifischer digitaler Gewalt, den Ursachen und Präventionsmöglichkeiten auseinanderzusetzen. Geschlechtsspezifische digitale Gewalt zielt darauf ab, andere Menschen mit digitalen Medien und auf digitalen Plattformen bloßzustellen, sie zu erpressen, zu nötigen, oder herabzusetzen. Besonders häufig betroffen davon sind Frauen und Mädchen, aber auch Jungen und Männer können Betroffene sein, ebenso Personen aus der LGBTQIA+Community. In der Projektwerkstatt wird es die Aufgabe der Studierenden sein, zu recherchieren, wie weit dieses Phänomen inzwischen verbreitet ist und welche Strategien es gibt, um sich dagegen zu wehren. Auf der Basis der Rechercheergebnisse werden dann mediale Produkte (z.B. Podcast, Zine, Poster) erstellt.


Welche Rolle spielt das Geschlecht im Sozialraum und wie werden sozialraumorientierte Methoden hierdurch beeinflusst? Diese Fragen werden im Seminar aus verschiedenen Perspektiven diskutiert. Im ersten Schritt werden theoretische Grundlagen zum „doing gender while doing space“ eingeführt und verschiedene Ansätze zum Zusammenhang von Geschlecht und (Sozial-)Raum diskutiert. Des Weiteren ist geplant, dass die Studierenden zwei geschlechterreflektierte Methoden der Sozialraumanalyse ausprobieren und die Ergebnisse im Seminar vorstellen werden. Gerahmt wird das Vorgehen durch eine Auseinandersetzung mit weiteren sozialraumbezogenen Methoden, für die wir die Geschlechterimplikationen herausarbeiten werden, sowie durch die Diskussion von Projekten sozialraumorientierter Sozialer Arbeit mit explizitem Genderbezug. 

Literaturhinweise:

Ruhne, Renate (2019): (Sozial-)Raum und Geschlecht. In: Kessl, Fabian/Reutlinger, Christian (Hrsg.): Handbuch Sozialraum. Grundlagen für den Bildungs- und Sozialbereich. 2. Auflage. Wiesbaden: Springer VS. S. 203-224. https://doi.org/10.1007/978-3-531-19988-7_16-1

Stövesand, Sabine (2018): Gewalt gegen Frauen und Gemeinwesenarbeit: „StoP“- das Nachbarschaftskonzept. In: Lenz, Gaby/Weiss, Anne (Hrsg.): Professionalität in der Frauenhausarbeit, Edition Professions- und Professionalisierungsforschung 7, S. 205-237. https://doi.org/10.1007/978-3-658-20295-8_13

Tuider, Elisabeth (2022): Geschlecht. In: Kessl, Fabian/Reutlinger, Christian (2022): Sozialraum. Eine elementare Einführung. Wiesbaden: Springer VS. S. 463-41. https://doi.org/10.1007/978-3-658-29210-2_38


Digitale Gewalt ist international und national ein weit verbreitetes gesellschaftliches Phänomen. Cybermobbing, Hatespeech und Cybergrooming sind nur einige Beispiele für digitale Gewalt. Erste Studien heben hervor, dass vor allem (weibliche) Jugendliche und junge (weibliche) Erwachsene betroffen sind. Inzwischen wird in Studien auch danach gefragt, wie Betroffene mit digitaler Gewalt umgehen, welche Strategien des Selbstschutzes sie zukünftig im Netz anwenden wollen und welche Präventionsangebote oder auch Unterstützung, Beratung und Aufklärung sie sich von Vereinen, Institutionen und Unternehmen wünschen. In der Forschungswerkstatt wird es darum gehen, dass Studierende angeleitet eigenständig eine Online-Befragung zum Thema „Digitale Gewalt“ entwickeln und durchführen, um empirische Hinweise ihrer Generation (Studierende befragen Studierende) zur Verbreitung, Ausprägung, Wirkung von digitaler Gewalt und zu Präventionsmöglichkeiten zu generieren. Ziel der Lehrveranstaltung ist es, dass die Studierenden einen Einblick in den Ablauf eines quantitativen Forschungsprozesses erhalten und eigenständige Beiträge dazu einbringen. Konkret beinhaltet das Vorgehen im Seminar, dass die Studierenden den Forschungsstand zum Thema erarbeiten, einen Fragebogen erstellen und diesen in ein online-Tool eingeben, die Befragung durchführen und dafür die (potentiellen) Befragungsteilnehmenden gewinnen, anschließend die gewonnenen Daten auswerten, einen Forschungsbericht verfassen und evtl. ausgewählte Ergebnisse präsentieren. 


Seit 17 Jahren sind gendersensible Ansätze in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen gesetzlich verankert. Das BMFSFJ nahm Gender Mainstreaming Ende 2000 als ein allgemeines, fachliches Prinzip in den Kinder- und Jugendplan auf. Danach müssen die spezifischen Belange von Mädchen und Jungen zur Verbesserung ihrer Lebenslage sowie Abbau geschlechtsspezifischer Benachteiligungen bei allen Maßnahmen berücksichtigt werden. Was aber sind die „spezifischen Belange“ von Jungen und Mädchen, jungen Frauen und Männern? Wo gibt es heute Benachteiligungsstrukturen? Welche Erfahrungen wurden mit gendersensiblen Ansätzen bislang gemacht? Wie hängen genderbezogene und ethnische Benachteiligungen zusammen?

Diesen Fragen wird in der Veranstaltung mithilfe von fallorientierten Praxisbeispielen und Anwendungsfeldern aus der offenen Jugendarbeit sowie der Kinder- und Jugendhilfe nachgegangen. Ziel ist es, gendersensible Kompetenz für die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen zu entwickeln.


Literaturhinweise:
Böllert, Karin/Karsunky, Silke (Hg.) (2008): Genderkompetenz in der Sozialen Arbeit, Wiesbaden: VS-Verlag

Kamphans, Marion (2014): Zwischen Überzeugung und Legitimation. Gender Mainstreaming in Hochschule und Wissenschaft. Wiesbaden: Springer VS.

Rose, Lotte/Schulz, Marc (2007): Gender-Inszenierungen – Jugendliche im pädagogischen Alltag. Königsstein/Taunus: Ulrike Helmer Verlag.


Gewalt im Geschlechterverhältnis ist ebenso erschreckend wie alltäglich. Im sozialarbeiterischen Alltag ist es daher von hoher Bedeutung, genauere Kenntnisse über Ausmaß und Wirkungen von Gewalt in Paarbeziehungen auf Frauen, Männer und Kinder zu haben. 

In der Veranstaltung werden sowohl die strukturellen Rahmenbedingungen, die Gewalt begünstigen, als auch das Ausmaß und die Auswirkungen von Gewalt anhand aktueller Studien diskutiert. Davon ausgehend wird nach angemessenen Hilfs- und Unterstützungsangeboten gefragt.


Literaturhinweise:

GiG-net (Hrsg.) (2008): Gewalt im Geschlechterverhältnis. Erkenntnisse und Konsequenzen für Politik, Wissenschaft und soziale Praxis, Opladen: Budrich 

Kavemann, Barbara/Kreyssig, Ulrike (Hrsg.) (2013): Handbuch Kinder und häusliche Gewalt. Wiesbaden: Springer VS. 

Schröttle, Monika (2017): Gewalt: Zentrale Studien und Befunde der geschlechterkritischen Gewaltforschung. In: Kortendiek, Beate et al. (Hrsg.): Handbuch interdisziplinäre Geschlechterforschung, Geschlecht und Gesellschaft. https://doi.org/10.1007/978-3-658-12500-4_72-1


Verschiedene Gleichstellungsstrategien und -programme auf internationaler und nationaler Ebene, z.B. von der Europäischen Kommission, den Vereinten Nationen (Agenda 2030) oder der Bundesregierung (Gender Mainstreaming-Strategie), zielen darauf ab, dass (Geschlechter-)Stereotype beseitigt und überwunden werden müssen, um eine tatsächliche Gleichstellung zwischen den Geschlechtern zu erreichen. Geschlechterstereotype sind besonders wirkmächtig, weil sie an limitierte Geschlechterrollenbilder anknüpfen und vielfach (re-)produziert werden - in Interaktionen, in der Kommunikation, in den Medien. Die Wirkmächtigkeit von Geschlechterstereotypen besteht darin, dass sie „unreflektiert identitätsstiftend“ (Baer/Smykalla 2009) relevant werden können, weil sie Selbstwertgefühle und Auffassungen, aber auch das allgemeine Wohlbefinden (Hale et al. 2022) beeinflussen können. 

Was sind Geschlechterstereotype? Wie weit sind sie verbreitet? Welche Wirkung haben sie? Wie können sie aufgelöst, reflektiert und dekonstruiert werden? Wie unterscheiden sie sich von Klischees, Vorurteilen und Stigmata? Welche Rolle spielen Geschlechterstereotype im Kontext von Gewalt? Welche Präventionsmöglichkeiten und Ansätze gibt es, um an Geschlechterstereotypen zu arbeiten und um Diskriminierung(en) und soziale Ungleichheit zu verringern? Inwiefern können Sozialarbeiter*innen Konzepte im Sinne einer kulturellen Gegensteuerung entwickeln, damit Geschlechterstereotype gar nicht erst entstehen? Oder, können „transformierte“ Geschlechterstereotype auch emanzipatorisch angewendet werden?

Ausgehend von diesen Fragen werden die Studierenden sich im Seminar im ersten Schritt mit theoretischen, empirischen und politischen Grundlagen zum Zusammenhang von Geschlechterstereotypen, Gewalt und Prävention in Kontexten der Sozialen Arbeit auseinandersetzen. Im zweiten Schritt soll es darum gehen, ein Präventions-/Interventionskonzept für unterschiedliche Handlungs-/Arbeitsfelder der Sozialen Arbeit zu entwickeln (z.B. für die Kinder-/Jugend(sozial-)arbeit, die Schulsozialarbeit, Kita-Sozialarbeit, Mädchen- und Jugendarbeit, politische Bildung usw.). 

 

Literaturhinweise:

Baer, Susanne/Smykalla, Sandra/Hildebrandt, Karin (Hrsg.) (2009): Schubladen, Schablonen, Schema F. Stereotype als Herausforderung für Gleichstellungspolitik. Bielefeld: Kleine Verlag.

Duttweiler, Stefanie (2019): Durchmachtete Möglichkeitsräume. Überlegungen zu einer intersektionalen Jugendarbeit. In: SozialAktuell 3/2019. S. S. 28-29.

Hale, Miriam-Linnea/Holl, Elisabeth/Melzer, André (2022): Geschlechterbezogene Rollen und Stereotype und ihre Auswirkungen auf das Leben Jugendlicher und junger Erwachsener. In: Heinen, Andreas/Samuel, Robin/Vögele, Claus/Willems, Helmut (Hrsg.) (2022): Wohlbefinden und Gesundheit im Jugendalter. Theoretische Perspektiven, empirische Befunde und Praxisansätze. Wiesbaden: Springer VS. S. 425-451.